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10. März 2016

Was sollte eigentlich wem schmecken?

Über Köder, Fische und Angler im Webdesign

Wer kennt sie nicht, wer hat sie nicht schon hundertmal gelesen, gehört, geschrieben: Schöne Sprüche zum Webdesign wie

  • Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance.
  • Eine Website ist keine Zeitschrift.
  • Form follows function. (Die Form folgt der Funktion.)
Goldfische mit Geldscheinen ködern
Fishing for ... ja, wofür eigentlich?

Besonders beliebt im (Online-)Marketing und im Bereich Webdesign ist der Spruch: „Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“

Aber warum ist dieses Zitat so beliebt?

  1. Weil es nicht völlig verkehrt ist;
  2. weil Kundenorientierung enorm wichtig ist;
  3. weil man es sich als SEO-Experte oder Webdesigner damit auch leicht machen kann und dem Kunden sagt: „Friss oder stirb!“

Das schiefe Bild vom Köder, Fisch und Angler

Köder sind dafür da, Fische zu fangen, die dann erschlagen und verzehrt werden. Wollen wir unseren Kunden mit einem solchen Bildnis begegnen? Oder wollen wir ein gutes Produkt oder eine sinnvolle Dienstleistung an diejenigen verkaufen, die dafür Bedarf haben und dafür Geld ausgeben möchten, ohne dafür zu bluten?

Kunden-Gewinne

Ich denke, das ist auch eine Frage der Haltung und der strategischen Ausrichtung eines Dienstleisters: Wollen wir Profit um des Profits willen machen oder sehen wir Gewinne als Folge von Kundenorientierung an? Wir sind ja überwiegend nicht „Verkaufsgenies“, die alles Mögliche an fast jede und jeden verkaufen können, egal, um welches Produkt es sich handelt.

In welchem Umfeld wird die Sentenz vom Ködern verwendet?

Die Suchanfrage bei der Suchmaschine DuckDuckGo

der köder muss dem fisch schmecken nicht dem angler webdesign

ergab folgende, willkürlich herausgefischte Beispiele, was unter dem Bild verstanden wird:

„Wer Kunden haben möchte muss Köder am Haken haben die dem Kunden schmecken – ob Sie dem Verkäufer schmecken ist irrelevant.“

Klare Worte, knallhartes Marketing – könnte man meinen, ist wohl auch so gemeint. Aber den „Verkäufer“ und seinen Geschmack als irrelevant zu bezeichnen – das möchte ich gegenüber meinen Kundinnen und Kunden gewiss nicht tun.

„Zielgruppenorientiertes Marketing heißt, der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“

Weniger aggressiv als das vorherige Beispiel, aber der Fokus liegt nur auf den Kunden; der „Verkäufer“ und seine Haltung spielen auch hier eine untergeordnete Rolle.

Das Symbol des Fischfangs führt in die falsche Richtung

Noch ein letztes Zitat:

„Ein Webauftritt dient nicht zum SELBSTZWECK! Er muss einzig und allein für die Endkunden bzw. Zielgruppen und nicht für den Auftraggeber gestaltet werden.“

Ist das wirklich so? Für wen gestalten wir eine Website, wenn nicht für unsere Auftraggeber? Stimmt das, wenn man es in Großbuchstaben und mit Ausrufezeichen ins WWW ruft? Meine Erfahrung mit Kunden spricht da eine ganz andere Sprache. Ja, natürlich gibt es Wünsche und Vorstellungen von Kunden, die tatsächlich am Markt und an den (potentiellen) Kunden vorbeigehen, die nicht umsetzbar sind oder die eine Website unübersichtlich oder sogar nicht vernünftig bedienbar machen würden. Hier müssen wir als Webdesigner hart argumentieren und uns zur Not auch brutal durchsetzen. Denn eine Website mit miserabler Usability verstößt zumindest gegen mein Arbeitsethos.

Experten sind Experten – und keine Universalisten

Wir sind bestenfalls Expertinnen und Experten für Suchmaschinenoptimierung und/oder Webdesign, aber nicht allwissend und meistens keine Experten für die Dienstleistungen oder Produkte, die unsere Kunden anbieten. Kurz gesagt, die Website muss natürlich und zuerst auch unseren Auftraggebern gefallen – sonst werden sie nicht dahinter stehen und nicht offensiv damit arbeiten. (Und wir bekommen gewiss keinen Folgeauftrag.) Auch in diesem Fall ist die schönste (in unseren Augen) Website für die Katz'.

--> Zum Download des Artikels Was sollte eigentlich wem schmecken? Über Köder, Fische und Angler im Webdesign

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